Fachgespräch
zum Thema: „Kinderarbeit und Entwicklungszusammenarbeit“
am
26.04.2004 im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit
und Entwicklung
TeilnehmerInnen:
Ministerialrätin Frau Helene Paust und MitarbeiterInnen ihres
Büros
Die
Gruppe beim BMZ war groß, insgesamt waren wir 18 Personen,
darunter Maria Eisenhut, Marianne, Hamidou und ich als ÜbersetzerInnen
sowie Ganapathi, Tripathi und die Kollegin aus der Mongolei als
ÜbersetzerInnen für die Asiatische Delegation. Die Ministerialrätin
hatte 1 Stunde für die Veranstaltung vorgesehen. Letztendlich
wurden es 90 Minuten und ihr Folgetermin musste verschoben werden.
Ich deute das als Zeichen, dass sie den Delegierten im Zuge der
Veranstaltung mehr und mehr Wichtigkeit beigemessen hat!
Mein
Gesamteindruck von der Ministerialrätin Paust ist, dass sie
vorab nicht gut informiert war, aber umso intensiver zugehört
und sich während der gesamten Zeit eigene Notizen gemacht
hat. Gegenüber den Delegierten verhielt sie sich höflich
und respektvoll, obwohl sie anfänglich erhebliche Schwierigkeiten
hatte zu glauben, was sie da hörte.
Während
der Vorstellung der asiatischen Delegierten wurde deutlich, dass
die Ministerialrätin von einer gänzlich anderen Delegation
ausging. Sie war offensichtlich der Meinung, sie würde an
einer Veranstaltung mit jungen GewerkschaftsfunktionärInnen
teilnehmen, die sich für die Abschaffung von Kinderarbeit
einsetzen. Umso erstaunter war sie zu hören, dass es sich
bei den Delegierten um Kinder-ArbeiterInnen handelte, die teils
eigene Gewerkschaften gegründet hatten, in ihrem Kampf um
bessere Arbeitsbedingungen. Sie war vor allem daran interessiert
zu hören, wie viele Kinder und in welchem Altersspektrum
die jeweiligen Delegierten arbeitende Kinder und Jugendliche vertraten.
Als
Mitglied des Steering Committees der ILO wahr sie sehr überrascht
von den Praktiken der ILO in Lateinamerika zu hören, wie
der Diffamierung der Bewegungen der arbeitenden Kinder und Jugendlicher,
der Politik, Kinder aus ihren Arbeitsverhältnissen rauszunehmen
und ihnen den Schulbesuch für eine kurze Dauer zu bezahlen,
ohne Möglichkeiten zu schaffen, wie die Kinder und ihre Familie
sich weiterhin ernähren bzw. den Schulbesuch nach der ILO-Finanzspritze
bezahlen zu können.
Die
afrikanische Delegation machte deutlich, dass es eine punktuelle
Zusammenarbeit mit der ILO und der Weltbank gäbe und mit
den VertreterInnen des Global March gesucht wird, um als Bewegung
Anerkennung zu finden. Dabei stellten sie heraus, dass es für
sie außer Frage steht, gegen ihre eigene Arbeit zu demonstrieren,
wie im Global March, weil sie ihre Existenzgrundlage ausmacht.
Sie sind weder für Kinderarbeit noch gegen Kinderarbeit.
Es ist schlichtweg ihre Realität. Frau Paust erläuterte
nach der Vorstellung der Delegierten die Politik des BMZ und hebt
die Zusammenarbeit mit der ILO in Sachen Kinderarbeit hervor,
vor allem hinsichtlich Fragen Sozialer Standards, Abschaffung
von Kinderarbeit bzw. der schlimmsten Formen von Kinderarbeit.
Daraufhin
erklärten die Delegierten, dass sie die schlimmsten Formen
nicht als Kinderarbeit sehen, sondern als Verbrechen gegen Menschen,
die als solche behandelt werden müssen.
Von
der ILO bzw. dem BMZ wünschten sich die Delegierten eine
Auskunft, welche Alternativen sie arbeitenden Kindern bieten wollen,
wenn diese nicht arbeiten sollen. Frau Paust wiederum wünscht
sich mehr konkrete Informationen zur Situation der KinderarbeiterInnen
und Berichte aus den einzelnen Ländern. Damit will sie sich
in das Steering-committee der ILO, deren Mitglied sie ist, wenden.
Das Komitee tagt einmal im Jahr.
Mein
Eindruck ist, dass Frau Paust überhaupt keine Ahnung hatte
von den Bewegungen arbeitender Kinder und sichtlich beeindruckt
war von ihren klaren Formulierungen, Forderungen und Schilderungen.
Gleichwohl traute sie dem ganzen nicht so und braucht unbedingt
mehr Informationen sowohl von den Veranstaltern als auch von den
einzelnen Bewegungen in den Ländern, um aus dieser Veranstaltung
etwas Nachhaltiges wachsen zu lassen.
(Anne
Wihstutz) |