Bericht
der Rundreise nach Osnabrück/Hannover (3. bis 6. Mai 2004)
Besuchsnotizen
zum Besuch der Delegierten zum Welttreffen der Bewegungen arbeitender
Kinder und Jugendlicher in der terre des hommes Geschäftsstelle
Osnabrück sowie bei den ehrenamtlichen Mitgliedern der Arbeitsgruppen
und dem Betriebsrat der Volkswagen AG, Kooperationspartner von
terre des hommes bei der Unterstützung von Projekten mit
Strassenkindern und arbeitenden Kindern in Mexico, Brasilien und
Südafrika.
Albert
Recknagel, Referent Programmkoordination, terre des hommes Deutschland
e.V.
Vom
3. bis 4. Mai betreute ich die beiden mexikanischen Delegierten,
die Begleiterin von IPODERAC und eine Partnerin vom terre des
hommes Büro Peru bei ihren Vorträgen und Gesprächen
bei der AG Gifhorn (3. Mai) und dem Betriebsrat der Volkswagen
AG (4. Mai).
Der
Gifhorn-Tag bestand zum einen aus dem Besuch der Gesamtschule
Gifhorn mit insgesamt drei Gesprächsrunden mit SchülerInnen
verschiedener Klassen und Jahrgangsstufen zum Thema Straßenkinder
/ arbeitende Kinder in Mexiko. Es ging um die Arbeits- und Lebenssituationen
der beiden Delegierten und wie das Projekt ihnen bei der Bewältigung
ihrer Aufgaben und Zielsetzungen hilft. Das Interesse der Schule,
die schon lange mit der örtlichen terre des hommes-Gruppe
zusammenarbeitet, war sehr gut. Auch die AG war zufrieden, ihren
lokalen Hauptverbündeten optimal bedient zu haben.
Danach
besuchten wir die Einrichtungen der Diakonie (die evangelische
Caritas) in Gifhorn, dem größten Arbeitgeber dort.
In der Einrichtung leben, arbeiten und unterrichten an die 1000
Personen. Es werden von den größtenteils leicht geistig
Behinderten verschiedene handwerkliche und einfach industrielle
Tätigkeiten ausgeübt. Ein Großauftrag kommt auch
von der Firma Volkswagen. Der Besuch war interessant für
die beiden Kids und die Latinas, da sie mal sehen konnten, wie
Sozialarbeit in Deutschland läuft. Es gab dennoch viele Parallelen
zu der Projektarbeit von IPODERAC.
Nachmittags
lud uns die AG zum Eisessen und Sightseeing nach Gifhorn ein.
Am
Dienstag gab es im Gewerkschaftshaus auf dem VW-Gelände ein
Pressegespräch zu dem die eingeladenen Pressevertreter kamen.
Das Gespräch war informativ und es wurden auch Fragen gestellt.
Mit den am nächsten Tag erscheinenden Artikeln war man dennoch
nicht immer einverstanden. Am Nachmittag besuchten wir die Autostadt,
leider sehr kurz. Am Abend gab es eine Veranstaltung mit der Intersoli-Gruppe
der IG-Metall in Wolfsburg, auf der ca. 35 Gewerkschafter den
Ideen der beiden Kids lauschten und nicht umhin kamen, einerseits
ihre klassischen Gewerkschaftsthesen loszulassen – keine
Kinderarbeit! – aber andererseits doch zu respektieren (noch
nicht zu akzeptieren), dass Kinder auch andere Entscheidungen
treffen können und man durchaus lernen und arbeiten verbinden
kann. Das souveräne Auftreten der Beiden trug natürlich
in großem Maße bei. Die Gewerkschafter würden
den für sie neuen, aber nun begonnen Dialog gerne fortsetzen.
Stephan Stolze, Referent Pressereferat, terre des hommes Deutschland
e.V.
Die
Pressekonferenz mit den Delegierten aus Kolumbien und Peru ist
gut verlaufen und hatte eine gute (lokale) Resonanz. Für
die Lokaljournalisten war es überraschend, bei einer terre
des hommes-Veranstaltung Kindern zu begegnen, die das Recht auf
Kinderarbeit fordern – wo wir ja in der Regel als Organisation
wahrgenommen werden, die sich gegen die Ausbeutung von Kindern
richtet. Wir waren also in der Moderation gefordert, einiges zu
erläutern und Begriffe zu klären – damit wären
die Jugendlichen natürlich überfordert gewesen. Wie
der Artikel in der NOZ zeigt, ist das in dieser Komplexität
durchaus positiv und zutreffend aufgenommen worden. Das lag auch
daran, dass die Jugendlichen einfach sehr präsent waren und
ihre Botschaft engagiert vorgetragen haben.
Dennoch
fehlte aus unserer Sicht ein wenig die Bereitschaft, auch über
die Schattenseiten der Kinderarbeit zu sprechen – also über
die Ausbeutung von Kindern, über Behinderung und Verfolgung
durch die Polizei etc. So entstand für meine Begriffe ein
etwas einseitig positives Bild, was aber der guten Resonanz keinen
Abbruch tat.
Hannelore
Wöstemeyer-Rister, Sachbearbeiterin Programmkoordination
Der
Besuch der vier Jugendlichen aus Kolumbien, Peru und Mexiko in
der Geschäftsstelle von terre des hommes in Osnabrück
war eine Bereicherung für die dort arbeitenden MitarbeiterInnen.
Die Gespräche und Diskussionen in Schulen, Pressegesprächen,
Diskussionsrunden mit den KollegInnen der Geschäftsstelle,
bei Besuchen in Firmen, die Projekte in ihren Heimatländern
mit großen Spenden fördern, gaben viele Anregungen
zum weiteren Nachdenken über das Anliegen dieser Jugendlichen,
mit ihrem Arbeitsbeitrag von der Gesellschaft akzeptiert und ernst
genommen zu werden. Ihr souveränes Auftreten und ihre Arbeitsdisziplin
in den zahlreichen Gesprächsrunden verdienen allein schon
allen Respekt. Ihre Beiträge und Sichtweisen sind aus allen
weiteren Diskussionen und Positionsfindungen zum Thema arbeitender
Kinder innerhalb von terre des hommes nicht mehr wegzudenken.
Es
war neben all der ausgestrahlten Ernsthaftigkeit jedoch auch schön,
sie in ihrer Freizeit, in den Lücken zwischen all den Terminen
als ganz „normale“ Jugendliche zu erleben, mit ihrem
Interesse an den Jugendlichen hier, ihren Lebensformen, ihrem
Musikgeschmack, mit ihrer Lust am Tanzen, sich Verlieben, auch
mal abgenervt und müde sein, Heimweh haben und rummäkeln
am unvertrauten Essen.
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