Kinderbewegungen in Afrika

Einer der größten kontinentalen Zusammenschlüsse von Kinderbewegungen bildet die MAEJT/AMWCY, die 1994 ins Leben gerufen wurde und inzwischen 27 afrikanische Länder vernetzt. Die MAEJT/AMWCY formulierte 12 Rechte, dessen Umsetzung von zwei- bis dreijährlich stattfindenden Kontinentaltreffen begleitet wird.

Auslöser für die Entstehung der Afrikanischen Bewegung der arbeitenden Kinder und Jugendlichen war eine Aktion arbeitender Kinder am 1. Mai 1990 in Senegal. Dort hatten zahlreiche Kinder am Mai-Umzug mit Transparenten teilgenommen und anschließend eine Pressekonferenz veranstaltet. Sie fanden viel Zustimmung in der Bevölkerung. Mit Unterstützung der NGO Enda Tiers Monde kam es im Juli 1994 in Bouaké (Elfenbeinküste) zu einem Treffen arbeitender Kinder und Jugendlicher (bis 18 Jahre) aus fünf westafrikanischen Ländern (Mali, Elfenbeinküste, Benin, Burkina Faso und Senegal). Als die Delegierten hier über ihre Erfahrungen sprachen und Lösungen für ihre Probleme suchten, kamen sie zu dem Schluss, eine gemeinsame Bewegung ins Leben zu rufen.

Die 12 Rechte als Basis der afrikanischen Bewegung

MAEJT/AMWCY (Mouvement Africain des Enfants et Jeunes Travailleurs/African Movement of Working Children and Youth) wurde in der Folge zu einer vielbeachteten Stimme der arbeitenden Kinder und Jugendlichen Afrikas. Um ihre Forderungen mit einem einheitlichen Programm zu vertreten, formulierten sie 12 Rechte:

  1. Das Recht, ein Handwerk zu erlernen;
  2. Das Recht, im Dorf bleiben (und nicht abwandern zu müssen);
  3. Das Recht, die Arbeit in Sicherheit ausführen zu können;
  4. Das Recht, Anspruch auf rechtlichen Beistand und gerechte Justiz in Problemfällen zu haben;
  5. Das Recht auf Freistellung und Genesung bei einer Krankheit;
  6. Das Recht, respektiert zu werden;
  7. Das Recht angehört zu werden;
  8. Das Recht, auf eine leichte und begrenzte Arbeit (unserem Alter und unseren Fähigkeiten angepasst);
  9. Das Recht auf Erhaltung der Gesundheit;
  10. Das Recht, lesen und schreiben zu lernen;
  11. Das Recht, sich zu vergnügen und zu spielen;
  12. Das Recht, sich zu äußern und sich zu organisieren.

Auch knapp 30 Jahre später sind diese 12 Rechte der gemeinsame Bezugspunkt für Gruppen und Vereinigungen in den verschiedenen Ländern. Daher finden alle zwei bis drei Jahre länderübergreifende Treffen statt auf denen überprüft wird, wie weit die Rechte in den einzelnen Ländern erfüllt werden und ein Aktionsplan für die kommenden Jahre erstellt wird. Außerdem treffen sich jedes Jahr Delegierte der Vereinigungen der arbeitenden Kinder und Jugendlichen in ihrem Land, um die Schwierigkeiten bei der Durchsetzung der 12 Rechte zu besprechen. Dabei werden Initiativen zur landesweiten und länderübergreifenden Umsetzung entwickelt, die von Projekten zu z.B. Gesundheit, Alphabetisierung, Ausbildung, Rückkehr ins Dorf, Schutz vor Covid-19 usw. ausgehen.

Neben der Stärkung der arbeitenden Kinder und ihrer Rechte ist es ein vorrangiges Ziel der Bewegung, in konkreten Aktionen gegen Missbrauch, Ausbeutung und Kinderhandel vorzugehen. Als Alternative zur ausbeuterischen Kinderarbeit haben mehrere regionale Assoziationen sogenannte „Einkommengenerierende Aktivitäten“ (Les Activités Génératrices des Revenus – AGP) initiiert. Dies sind Tätigkeiten, die dazu beitragen, den eigenen Lebensunterhalt und die Arbeit ihrer Organisation auf menschenwürdige Weise zu gewährleisten. In Eigenregie der Kinder und Jugendlichen und ihrer Assoziationen werden Produkte hergestellt oder Dienstleistungen erbracht.

Mit Unterstützung der NGO Enda Tiers Monde gibt die Bewegung monatlich den elektronischen Newsletter „CALAO Express“ in französischer, englischer und spanischer Sprache heraus, welcher der afrikaweiten Vernetzung dienen sowie die Bevölkerung über die Rechte und Aktivitäten der arbeitenden Kinder und Jugendlichen aufklären soll. Darüber hinaus werden Plakate, Broschüren und Lernmaterialien publiziert, in denen die örtlichen Gruppen Hinweise und Anleitungen für ihre tägliche Praxis finden.

In 27 afrikanischen Ländern vertreten

Mit Stand 2015 ist MAEJT/AMWCY mit über 300.000 Vollmitgliedern in 380 Assoziationen in 27 afrikanischen Ländern vertreten: Äthiopien, Benin, Burkina Faso, Burundi, Demokratische Republik Kongo, Elfenbeinküste, Gambia, Ghana, Guinea-Bissau, Guinea, Kamerun, Kenia, Liberia, Madagaskar, Mali, Mauretanien, Niger, Nigeria, Ruanda, Senegal, Sierra Leone, Simbabwe, Tansania, Togo, Tschad, Uganda und Zentralafrika.

MAEJT/AMWCY umfasst mehr als 4000 „Graswurzelgruppen“, lokale und regionale Zusammenschlüsse von Kindern, die entweder als Angestellte (Kellner*innen, Hausangestellte, Verkäufer*innen…), Lehrlinge (Näher*innen, Schreiner*innen, Schweißer*innen, Mechaniker*innen…), Selbständige (Gepäckträger*innen, Schuhputzer*innen, Straßenverkäufer*innen…), oder auf dem Land (Gärtner*innen, Viehzüchter*innen, Fischer*innen…) arbeiten. Teilweise kombinieren sie Ausbildung/Studium und Arbeit. Die Mehrheit (73%) der Mitglieder sind Kinder unter 18 Jahren. 57% der Mitglieder sind Mädchen.

Nicht immer wird den Assoziationen vor Ort die gewünschte politische oder juristische Anerkennung zuteil, oft stoßen sie auf Unverständnis und Ablehnung. Aber sie finden auch Unterstützung bei vielen NGOs, Kirchen und mitunter auch staatlichen Stellen.

Seit 1996 nehmen Delegierte der afrikanischen Bewegung auch an Treffen arbeitender Kinder und Jugendlicher in anderen Kontinenten teil, um Erfahrungen auszutauschen und gemeinsame Strategien zu entwickeln.

Links

Website von MAEJT/AMWCY

Aktualisiert: 14.12.2020