Nationales Treffen der UNATSBO zur „Analyse der Covid-19-Situation und ihre Auswirkungen auf arbeitende Kinder“

Die Organisation der arbeitenden Kinder und Jugendlichen Boliviens, UNATSBO, hat am 9. Dezember 2020, dem Internationalen Tag der arbeitenden Kinder, in der Stadt Potosí ein Treffen veranstaltet, um ihre Situation während der Covid-19-Pandemie zu untersuchen und Vorschläge für Veränderungen zu machen. An dem Treffen nahmen 33 Delegierte der NNATs, 15 erwachsene Mitarbeiter*innen/NGOs sowie zwei Vertreter*innen des Arbeitsministeriums und der Ombudsmann für Kinderrechte von Potosí teil. Wir dokumentieren das Protokoll in Auszügen.

Potosí, Bolivien, am 9. Dezember 2020

Das Treffen war mit einen symbolischen Marsch verbunden, an dem alle Organisationen der NNATs (organisierte arbeitende Kinder und Jugendliche) von Potosí, Llallagua, Oruro, La Paz, Cochabamba, Tarija und Sucre teilnahmen. Die Aktion hatte eine große Wirkung auf die Bevölkerung und wurde auch vom Büro des Ombudsmanns von Potosí begleitet, der die Rechte der NNATs unterstützt, Die Präsenz der Medien war wichtig, um den Internationalen Gedenktag der Würde der arbeitenden Kinder und den Kampf der Organisationen der NNATs bekannter zu machen. Das Ziel war immer, die Organisationen der NNATs sichtbar zu machen und die Bevölkerung im Allgemeinen dafür zu sensibilisieren, die arbeitenden Kinder und Jugendlichen mit Respekt zu behandeln.

Gruppendiskussion über unsere Probleme

Zu den Schwierigkeiten, die entstehen können, gehören: fehlende Versicherung gegenüber Risiken bei der Arbeit; keine Unterstützung durch die Politik; nur mündliche Verträge, die beliebig von den Arbeitgebern ausgelegt und oft missachtet werden; Ausbeutung bei der Arbeit; selbstständige Arbeit wird nur bei Erwachsenen anerkannt. Im Einzelnen:

  • Wenn es einen Arbeitsunfall gibt, übernimmt niemand die Verantwortung.
  • Die Behörden wenden die Arbeitsgesetze nicht bei Personen unter 18 Jahren an.
  • Ich hatte Probleme mit meinem Gehalt, weil ich immer Überstunden machte und sie mir weniger zahlten, und sie sagten mir, ich sei faul.
  • Einige arbeiten, um Kuchen zu verkaufen, aber oft verkauft er sich nicht und wir machen Verluste.
  • Wir leiden unter Schikanen und ungerechter Bezahlung durch die Zwischenhändler und unsere Chefs.
  • Wir arbeiten lange, und niemand regelt das.
  • Viele NNATs werden nicht fair bezahlt und viele leiden unter Arbeitsausbeutung. Wenn wir die Behörden informieren, tun sie nichts; sie greifen unsere Beschwerden nicht auf oder das Personal hat gewechselt und die Neuen wissen von nichts.
  • Als Selbstständige werden wir von Frauen, die auch verkaufen, misshandelt und dürfen nicht verkaufen, es gibt keine Kontrolle durch die Behörden, es gibt extreme Misshandlungen, weil wir Kinder sind.
  • Es gibt keine Arbeitsplätze für Erwachsene, aber noch weniger für die unter 18.
  • Die NNATs arbeiten in den informellen Märkten.

Vorschläge:

In der Gruppendiskussion waren sich alle einig, dass Versicherungen oder Policen für Minderjährige eingerichtet werden sollten, dass die Policen, die Kindern nicht zugutekommen, aufgelöst werden, dass schriftliche Arbeitsverträge abgeschlossen werden sollten, dass das Büro des Ombudsmannes Beschwerden von NNATS nachgeht und dass es dafür sorgt, die Arbeitsbedingungen von NNATS zu verbessern.

  • Wir fordern eine Krankenversicherung für die NNATs.
  • Dass die zuständigen Behörden die Arbeitsgesetze anwenden.
  • Sie sollen zu den Organisationen der NNATs gehen und schriftliche Verträge für sie erreichen.
  • Aufhebung des Urteils des Verfassungsgerichts, das den Schutz arbeitender Kinder unter 14 Jahren abgeschafft hat (Änderung des Kinder- und Jugendgesetzes von 2014 auf Druck der ILO und USA).
  • Dass sie Beschäftigungsprogramme für unsere Väter und Mütter planen und die berufliche Ausbildung für unsere Familien stärken.
  • Dass die Arbeitgeber*innen uns einen schriftlichen Vertrag geben.
  • Wenn wir keine guten Bedingungen an den abhängigen Arbeitsplätzen haben, könnten wir ein Unternehmen gründen, das auf einer technischen Ausbildung basiert, mit der Unterstützung eines Startkapitals, das die entsprechenden Behörden uns geben sollen.
  • Dass sie, wenn eine Klage in der Behörde eintrifft, diese berücksichtigen, dass sie nicht das Personal wechseln oder, wenn es diesen Wechsel gibt, Berichte für die Fortsetzung des Prozesses verfassen. Dass das Personal, das den Fall aufnimmt, die Beschwerde zu Ende bringt und dass das Kind vorrangig geschützt wird und einen würdigen Arbeitsplatz hat.
  • Wir müssen auch eine Genehmigung (für die Arbeit) erhalten, aber die Anforderungen müssen flexibler gestaltet sein, um das Verfahren zu vereinfachen.
  • Dass es für die NNATs vierteljährlich einen Bonus gibt, damit sie nicht mehr so viel arbeiten müssen.
  • Schaffung eines Beschäftigungsförderungsprogramms (Jobbank) für Minderjährige unter 18 Jahren.

Gruppendiskussion über Unternehmensgründung

Probleme:

  • Diskriminierung beim Verkauf, weil wir Kinder sind.
  • Miese Behandlung durch die erwachsenen Verkäufer*innen selbst.
  • Schwieriger Zugang zur Gesundheitsversorgung und schlechte Behandlung als selbständige Arbeiter*innen.
  • Misshandlung durch Erwachsene.
  • Preis- und Produktwettbewerb.
  • Mangel an Informationen zu Fragen der Unternehmensgründung für Kinder und Jugendliche.
  • Fehlender Platz zum Ausstellen oder Verkaufen von NNATs-Produkten.
  • Unsicherheit für selbstständig arbeitende NNATs.
  • Mangel an Kapital.
  • Mangelnde Schulung und Ausbildung.

Lösungen:

  • Schaffung von Räumen für den Verkauf, Ausstellung von NNATs-Produkten, sichere Räume, exklusive Verkaufsstände, Schaffung von Messen.
  • Schaffung von speziellen Gesundheitsrichtlinien für NNATs, die einen schnelleren und einfacheren Zugang ermöglichen.
  • Erstellung von Spots, Radiospots, um die Menschen zu veranlassen, uns besser zu behandeln.
  • Workshops zu den Rechten von Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen.
  • Ausbildung in technischen Branchen, die es uns ermöglichen, qualifiziertere Arbeiten zu übernehmen.
  • Schaffung von Startkapitalfonds.
  • Preisregulierung auf Messen.

Gruppendiskussion zur Verteidigung unserer Rechte

Ausgehend von der Gruppendiskussion über die neue politische Verfassung des Staates (von 2008) wird diese in drei Bereiche unterteilt: REGIERUNG - GESELLSCHAFT - TERRITORIEN. Daraus leiten sich die anderen Gesetze ab, wie z.B. das Kinder- und Jugendgesetz (von 2014).

Um unsere Rechte wahrnehmen zu können, müssen wir sie kennen und wissen, was sie für uns bedeuten. Sie gehen Hand in Hand, wir können nicht über das Recht auf Leben sprechen, wenn unser Recht auf Nahrung verletzt wird. Das Kinder- und Jugendgesetz sagt uns, dass es eine Rechtsnorm gibt, die unsere Rechte schützt. Was wir tun müssen, ist, es durchzusetzen.

1. Schlussfolgerung:

  • Wir, die UNATSBO, können, weil wir organisiert sind, für die Rechte der Kinder im Allgemeinen in Bolivien kämpfen.
  • In unserer Organisation müssen wir, im Gegensatz zu anderen Organisationen, daran arbeiten, ALLE unsere Rechte durchzusetzen.
  • Wir, die NNATs, bitten darum, registriert zu werden. Aber nicht nur um registriert zu sein, sondern für Unterstützung und Vorteile in Bereichen wie Bustickets, Museen, Bibliotheken und auch um zu wissen, wie viele NNATs wir in Bolivien sind.

2. Schlussfolgerung:

  • Wir bitten und fordern von den Behörden und Instanzen, die für uns Kinder zuständig sind, dass sie VOR ihren politischen Maßnahmen unsere REALITÄT analysieren, WEIL DIE ARBEIT UNS ERMÖGLICHT, voranzukommen und einen Beitrag für unser LAND zu leisten.

Runder Tisch zur Stärkung der Organisationen der NNATs

Die UNATSBO (als Organisation auf nationaler Ebene) ist noch am Leben, aber sie ist schwach, weil die Basisorganisationen kritische Situationen durchlaufen, wie z.B. die fehlende Unterstützung durch die Institutionen (NGOs).

In Sucre gibt es eine Föderation der NNATs, aber im Moment ist sie nicht arbeitsfähig, denn die Einmischung der politischen Parteien beeinträchtigte die Stärkung der Organisationen der NNATs. Es gibt auch eine Organisation von Jugendlichen, die als Kinder gearbeitet haben. Es gibt keine Institution, die arbeitende Kinder unterstützt.

In Cochabamba hatten wir in der letzten Zeit wegen Finanzierungsproblemen und auch wegen der Covid-19-Situation keine Begleitung, wir kommunizierten über Zoom.

In Llallagua werden wir von Mitarbeitern unterstützt, aber zurzeit gibt es keine finanzielle Unterstützung, trotzdem sind wir immer noch aktiv und führen einige Aktionen durch.

In Potosí ist die Organisation CONNAT'SOP arbeitsfähig und gestärkt, sie erhält Unterstützung von PASOCAP.

Vorschläge zur Stärkung:

  • Alle Behörden in den Kommunen und Departements müssen über unsere Rechte informiert sein und sie beachten.
  • Der Staat (Behörden und öffentliche Einrichtungen) muss für die Stärkung der NNATS-Organisationen durch die kommunalen Ombudsleute für Kinder und Jugendliche in jeder Gemeinde sorgen. Hierfür ist die Institutionalisierung der zuständigen Instanzen für die Betreuung von Kindern im Allgemeinen wichtig.
  • Die UNATSBO muss in allen Departements Boliviens sichtbar sein, damit jeder über ihre Existenz, Vision, Mission, Ziele, Aktionen, Forderungen und Vorschläge Bescheid weiß. Wir müssen strategische Verbündete für die Durchführung unserer Aktionen suchen.
  • Bildung eines interinstitutionellen Ausschusses für die Erfüllung und Förderung der Rechte der Kinder im Allgemeinen und der arbeitenden Kinder im Besonderen.
  • Stärkung der UNATSBO, um an anderen Netzwerken von Kindern und Jugendlichen teilzunehmen und mit ihnen zusammenzuarbeiten.

Download

Das Protokoll in voller Länge (auf Spanisch)

Aktualisiert: 17.02.2021