Bolivien: Neue Verfassung gibt Kindern das Recht, in Würde zu arbeiten

Die neue Verfassung Boliviens, die am 25. Januar 2009 in einem Referendum bestätigt wurde, nimmt erstmals Abstand von einem generellen Verbot der Kinderarbeit und bemüht sich um eine differenzierte Regelung.

Die neue Verfassung Boliviens, die am 25. Januar 2009 in einem Referendum bestätigt wurde, nimmt erstmals Abstand von einem generellen Verbot der Kinderarbeit und bemüht sich um eine differenzierte Regelung. In Artikel 61, der in Absatz 1 „jede Form von Gewalt gegen Kinder, in der Familie ebenso wie in der Gesellschaft“ verbietet und mit Strafe bedroht, heißt es in Absatz 2: „Zwangsarbeit und Ausbeutung von Kindern sind verboten. Aktivitäten, die Kinder im familiären und sozialen Rahmen ausüben, dienen ihrer integralen Entwicklung (formación) als Bürgerinnen und Bürger und haben eine bildende Funktion. Die institutionellen Rechte, Garantien und Mechanismen des Schutzes sind Gegenstand einer besonderen Regulierung.“ (eigene Übersetzung von ProNATs e.V.)

Mit dieser Formulierung wird anerkannt, dass auch die Arbeit von Kindern eine positive Bedeutung für die Gesellschaft und die Kinder selbst haben kann. Als entscheidend gelten die Bedingungen, unter denen sie ausgeübt wird. Mit dem Hinweis auf den „familiären und sozialen Rahmen“ wird positiv Bezug genommen auf die aktive Rolle von Kindern in der familiären und sozialen Ökonomie, wie sie seit Jahrhunderten in indigenen Gemeinschaften praktiziert wird. Zwar erweckt der Verfassungsartikel den fragwürdigen Eindruck, dass Ausbeutung durch ein Verbot aus der Welt geschafft werden könne, aber er unterstützt auch die Bestrebungen, für und mit Kindern neue Formen von selbstbestimmter und kooperativer Arbeit zu entwickeln.

In einem früheren Entwurf der Verfassung war noch ein generelles Verbot von Kinderarbeit vorgesehen. Die nun beschlossene neue Formulierung ist teilweise das Ergebnis von Protesten und Vorschlägen der „Bewegung arbeitender Kinder und Jugendlicher Boliviens“ (UNATSBO), die die Unterstützung indigener Abgeordneter der Verfassungsgebenden Versammlung fanden. Sie ist im Kontext von Artikel 46 zu lesen, in dem jeder Person ungeachtet ihres Alters das „Recht auf würdige Arbeit“ zugesprochen wird. In naher Zukunft wird es von den arbeitenden Kindern und ihrer Unterstützung durch zivilgesellschaftliche Organisationen abhängen, ob die in dem Artikel vorgesehene „besondere Regulierung“ den Kindern definitiv das Recht sichert, in Würde zu arbeiten und gegen jede Form von Ausbeutung und Zwang angemessen geschützt zu werden.

Aktualisiert: 2009