Stellungnahme EU-Kinderpolitik
Differenzierende Auseinandersetzung mit Kinderarbeit gefordert – Deutsches NRO-Forum Kinderarbeit nimmt zur EU-Kinderpolitik Stellung
Das Deutsche NRO-Forum Kinderarbeit, in dem ProNATs e.V. neben terre des hommes, Kindernothilfe, Brot für die Welt und anderen Nicht-Regierungsorganisationen mitarbeitet, setzt sich u.a. kontinuierlich mit den Politikansätzen der Europäischen Union auseinander. Insbesondere nimmt das NRO-Forum zu Politikbereichen Stellung, die sich auf Kinderrechte und Kinderarbeit beziehen. Die jüngste Stellungnahme, die am 3. März 2009 Abgeordneten des Deutschen Bundestages und des Europaparlaments übermittelt wurde, bezieht sich auf die Mitteilung der EU-Kommission „Außenmaßnahmen der EU: Ein besonderer Platz für Kinder“ vom 5. Februar 2008 und den ergänzenden „Action Plan on Children's Rights in External Action“.
Das Deutsche NRO-Forum Kinderarbeit, in dem ProNATs e.V. neben terre des hommes, Kindernothilfe, Brot für die Welt und anderen Nicht-Regierungsorganisationen mitarbeitet, setzt sich u.a. kontinuierlich mit den Politikansätzen der Europäischen Union auseinander. Insbesondere nimmt das NRO-Forum zu Politikbereichen Stellung, die sich auf Kinderrechte und Kinderarbeit beziehen. Die jüngste Stellungnahme, die am 3. März 2009 Abgeordneten des Deutschen Bundestages und des Europaparlaments übermittelt wurde, bezieht sich auf die Mitteilung der EU-Kommission „Außenmaßnahmen der EU: Ein besonderer Platz für Kinder“ vom 5. Februar 2008 und den ergänzenden „Action Plan on Children's Rights in External Action“.
Gegenüber den pauschalen Aussagen in den EU-Dokumenten betont das Forum „die Notwendigkeit einer differenzierenden Auseinandersetzung mit Kinderarbeit […], da deren Ursachen, Formen und Folgen höchst unterschiedlich sind“. So seien zum Beispiel „die Lebens- und Arbeitsbedingungen sehr junger indischer Kinder, die in Schuldknechtschaft arbeiten müssen - sei es in Kleinstbetrieben des verarbeitenden Gewerbes, sei es in der Landwirtschaft oder in privaten Haushalten - völlig anders als die von älteren Kindern, die zum Beispiel in lateinamerikanischen Ländern als Straßenhändlerinnen und -händler Geld verdienen, um sich einen Schulbesuch leisten zu können.“ Zudem seien viele Haushalte in armen Ländern „zumindest mittelfristig auf die Arbeit von Kindern angewiesen, um überleben zu können. Dies gilt in besonderem Maße für die meisten Länder in Afrika südlich der Sahara, hier sind 50 und mehr Prozent ihrer Bevölkerung Kinder und Jugendliche. Extreme Armut, unzureichende Bildungssysteme, Vertreibungen und kriegerische Auseinandersetzungen führen dazu, dass Kinder arbeiten müssen. Maßnahmen gegen die wirtschaftliche Ausbeutung von Kindern müssen an den Ursachen der Ausbeutung ansetzen und dürfen sich nicht darauf beschränken, Verbote auszusprechen.“
In diesem Zusammenhang erinnert das NRO-Forum daran, dass die Zahl der Kinder, die sexuell ausgebeutet, in bewaffneten Konflikten missbraucht oder versklavt werden (unter Einschluss von Kinderhandel), erschreckend hoch ist. Allerdings - so das NRO-Forum in seiner Stellungnahme - „stellen diese kriminellen Verletzungen der Rechte des Kindes nicht den Regelfall dar. Denn rund 116 Millionen Kinder verrichten eine Arbeit, die nach den Kriterien des Übereinkommens 182 der Internationalen Arbeitsorganisation nicht zu den schlimmsten Formen von Kinderarbeit zu zählen sind. Im Blick auf diese Kinder muss sehr genau geprüft werden, ob und auf welche Weise eine Verbesserung ihrer Lebens- und Arbeitsbedingungen so möglich ist, beziehungsweise ob strikte Verbote ihre Situation verschlechtern und sie verwundbarer gegenüber Verletzungen ihrer Rechte machen. Besonders wichtig ist hierbei die Gewährleistung des Zuganges wenigstens zu Grundbildung für alle Kinder.“ Für viele Kinder und Jugendliche komme es vor allem darauf an, „ihre Lebens- und Arbeitsbedingungen so zu gestalten, dass ihre Rechte nicht verletzt werden und sie in Würde arbeiten und leben können“.
Um das Recht auf Bildung umzusetzen, müsse „auch arbeitenden Kindern der Schulbesuch ermöglicht werden etwa durch eine Anpassung der Unterrichtszeiten. Werkstattschulen, die arbeitende Kinder stärken und sie bei der Selbstorganisation und der Produktivitätssteigerung und Vermarktung unterstützen, können dazu beitragen, dass Kinder und Jugendliche weniger verwundbar gegenüber Ausbeutung sind und dass sie sich sinnvolle Arbeit in ihren Heimatorten aufbauen. Solche Projekte sind vor allem auf dem Lande - dort arbeiten mehr als 70 Prozent aller weltweit arbeitenden Kinder - und im Blick auf Haushalte ohne erwachsene Mitglieder (‚child headed households’) etwa in Afrika südlich der Sahara dringend erforderlich.“
Hinsichtlich handelspolitischer Maßnahmen erinnert das NRO-Forum daran, dass negative oder positive Anreize im Rahmen des Allgemeinen Präferenzsystems im Sinne einer Sozialklausel (zum Beispiel: Förderung der Einfuhr von Erzeugnissen, die nicht von Kindern hergestellt wurden) nur in Grenzen zur Durchsetzung der Rechte des Kindes beitragen. „Von solchen Maßnahmen - wie effektiv und sinnvoll sie im Einzelnen auch immer sein könnten - würde nur ein kleiner Teil der arbeitenden Kinder profitieren. Denn weltweit arbeiten in der exportorientierten Produktion (unter Einschluss der Landwirtschaft) weniger als fünf Prozent aller arbeitenden Kinder.“ Zugleich erinnert das NRO-Forum daran, dass in vielen Ländern ältere Kinder und Jugendliche in Selbstverwaltungsprojekten arbeiten, die Arbeit und Schulbesuch miteinander verbinden. So stellten Kinderkooperativen in Peru, Bolivien und Kolumbien zum Beispiel Postkarten oder T-Shirts her, die in alle Welt verkauft werden. „Die Einfuhr solcher Erzeugnisse etwa durch ‚Strafzölle' zu behindern, wäre mit Sicherheit kein Beitrag zur Förderung und zum Schutz der Rechte des Kindes. Solche Initiativen sollten hingegen ausdrücklich gefördert werden, da sie zur Verbesserung der Lebensbedingungen der Kinder beitragen.“
Aktualisiert: 2009