Desmond aus Ghana
Desmond,17 Jahre, aus Liati in Ghana
Die Afrikanische Bewegung Arbeitender Kinder und Jugendlicher wurde 1994 gegründet und bezieht ihr Kürzel „MAEJT“ aus dem Französischen Le Mouvement Africain des Enfants et Jeunes Travailleurs. Ziel dieses Zusammenschlusses ist es, die Stellung der jungen Arbeiter*innen zu stärken und ihre Rechte umzusetzen. Vom 28. Oktober bis zum 2. November 2024 fand in den Konferenzsälen der Afrikanischen Union in Äthiopiens Hauptstadt Addis Abeba das wiederkehrende Kontinentaltreffen der MAEJT statt. Drei Delegierte von ProNATs nahmen an dem Treffen teil und freuten sich, elf der jungen Delegierten persönlich interviewen zu dürfen. So erfuhren sie einiges aus deren Leben. Sie gewannen einen Eindruck von ihrer Arbeit, welche Herausforderungen sich ihnen stellen und welche Forderungen sie an die Politik und Menschen in Europa haben. Die elf Interviews sind unter Creative Commons Lizenz veröffentlicht und können auch im Bildungskontext eingesetzt werden.
Ich heiße Desmond und bin 17 Jahre alt und lebe mit meinen Eltern und zwei Brüdern und zwei Schwestern in Ghana. Ich bin der dritte von fünf Geschwistern. Dort gehe ich zur Schule und verkaufe Kinkin (Teigbällchen) in einem kleinen Laden am Straßenrand. Manchmal mache ich auch Mobile Money (Geldtransfer mit dem Handy). Und ich arbeite auch in der Landwirtschaft mit meinem Vater. Also, ich habe drei Jobs. Ich bin auch Mitglied in der Gruppe der arbeitenden Kinder und Jugendlichen in meinem Stadtviertel. In den Ferien mache ich in den Morgen- und Mittagsstunden Feldarbeit mit meinem Vater. Nachmittags arbeite ich im Laden, verkaufe Kinkin und Handyguthaben.
Ich bin ein Schüler in der Sekundarschule und diese Arbeiten mache ich in der Ferienzeit, wenn ich bei meinen Eltern zu Hause bin. Dann arbeite ich tagtäglich. Mit dem Geld helfe ich meinen Eltern, damit finanzieren sie meine Schulausbildung und nutzen es für den Haushalt. Wir alle arbeiten.
Mein ältester Bruder und ich sind Mitglieder der Bewegung und ich versuche gerade, die anderen zu überzeugen, der Bewegung beizutreten. Ich bin begeistert davon, wie die Organisation sich um Kinder kümmert und diesen hilft. Zum Beispiel hat sie mich sehr mit meiner Schulausbildung unterstützt, mir Hefte, Bücher und eine Schultasche zur Verfügung gestellt und mir geholfen, meine Schulprüfung zu bestehen. Nun bin ich auch der Nationale Delegierte der Organisation. Nun, Dank der Organisation, kenne ich auch meine Rechte als Kind! Wir arbeiten viel zu unseren Rechten, veranstalten dazu auch spielerische Übungen. Wir organisieren aber auch Freizeitaktivitäten wie Fußballspiele oder Kunstaktivitäten.
Mit den Kameraden und Kameradinnen der Bewegung treffe ich mich vor allem während der Ferienzeit. Denn in Ghana gehen wir quasi trimesterweise zur Schule und dann haben wir einige Wochen Ferien. Während die einen dann zu Hause sind, gehen die anderen zur Schule. Das ist die Realität in Ghana. Kinder arbeiten dann sehr viel. In Ghana gibt es auch Kinder, die einfach gar nicht zur Schule gehen und die ganze Zeit arbeiten.
Grundsätzlich ist das meiner Meinung nach ein großes Problem in Ghana. Ein Großteil der Eltern in Ghana hat kein Geld, um ihre Kinder zur Schule zu schicken. So entscheiden sich die Kinder dazu, einfach nicht zur Schule zu gehen, da sich die Familie das nicht leisten kann. Also, suchen sich die Kinder eine Tätigkeit, um über die Runden zu kommen. Die Afrikanische Bewegung Arbeitender Kinder und Jugendlicher versucht, diese Kinder persönlich zu erreichen, mit diesen Kindern und Jugendlichen ins Gespräch zu kommen. Oft stellen wir dann fest, dass es den Kindern an Respekt gegenüber ihren Eltern mangelt. Die Bewegung empfiehlt diesen Kindern, mit ihren Eltern Frieden zu schließen. Manches Mal sprechen wir auch mit den Eltern und finden gemeinsam eine Lösung.
Also, wir machen sehr viele Sensibilisierungsaktivitäten. Ich lade aber auch meine Freunde und Freundinnen ein, an den Meetings der Bewegung teilzunehmen, so dass diese auch über ihre Rechte lernen können. Wenn wir aber versuchen, mit Politiker und Politikerinnen ins Gespräch zu kommen, so ist das eher frustrierend. Andere Gruppen in der Nachbarschaft haben schon ein paar Mal Anläufe in diese Richtung unternommen, und wurden entweder abgewimmelt oder es kam einfach nichts dabei rum. Sie fühlten sich danach einfach eingeschüchtert.
Ich wünschte mir aber, dass sie, wenn wir ihnen unsere Belange und Bedarfe vortragen, uns Gehör schenken und mit Antworten und Vorschlägen reagieren. Zum Beispiel wünsche ich mir für Kinder, die weder für Bücher noch für Transport Geld haben, dass denen zumindest Bücher und Schuluniformen zur Verfügung gestellt werden. Das würde ihnen zumindest den Einstieg in den Unterricht erleichtern. So müssten die Eltern den Kindern nur noch Essen mitgeben. In meinem Fall ist es zum Beispiel so, dass ich im Grunde nicht die Wahl habe: wenn ich weiterhin zur Schule gehen will, muss ich arbeiten, um es mir finanziell zu ermöglichen.
Grundsätzlich habe ich viel durch die Afrikanische Bewegung Arbeitender Kinder und Jugendlicher gelernt. Vor allem das Recht auf Mitbestimmung, die eigene Meinung sagen zu können, wenn du Probleme hast. Ich habe aber auch gelernt, wie man mit Verantwortungsträgern und -trägerinnen, also Autoritätspersonen spricht. Wie man diesen Personen die Anliegen vermittelt. Wenn ich also zum Beispiel ein Projekt organisieren möchte, so müssen wir zu den Chiefs der Region, möglicherweise werden wir dann an die Bezirksversammlung verwiesen. In Ghana bringen sie Programme heraus, aber sie lassen uns Kinder nicht an der Konzeption mitarbeiten und entscheiden also einfach das, was sie wollen. Aber es betrifft uns! Dennoch haben wir nicht die Möglichkeit, mit unseren Ideen an der Gestaltung mitzuwirken. Am Ende ist es so, dass diese Programme uns weder interessieren, noch mögen wir sie und können uns nicht damit identifizieren. Und nicht mal das, können wir irgendwo kundtun.
Ich möchte, dass die Kinder in Deutschland wissen, dass sie Rechte haben. Sie sollen sich für diese einsetzen und kämpfen. Denn diese Rechte sind etwas, dass sie selbst ausüben sollen, genießen sollen. Wir Kinder sind Menschen. Dinge in unserer Umwelt passieren, die einen Einfluss auf unser Leben haben. Also müssen wir auch für unsere Rechte kämpfen, für das, was gut für uns ist. Also müssen wir Kinder unsere Meinung sagen, so dass Autoritäten in der Gesellschaft uns beachten und helfen können.
Aktualisiert: 26.11.2024